About Codespace
Text from Mirjana Peitler
Jasch. Codespace
„Codespace vereinigt Echtzeit-Graphik und Animationen mit elektronischen Klängen, welche einen abstrakten Ort evozieren, wo organische und kristalline Formen fließen und pulsieren. Generative, regelorientierte Prozesse oder Algorithmen und Echtzeit-Eingriffe des Künstlers werden auf Grundelemente angewandt, die in Verbindung mit fein abgestimmten Farben eine große Palette von Texturen und Formen umfassen.“ (www.jasch.ch)
Codespace. Installationsfoto. mkl Jänner 2009. (c)Foto:Martin Krusche
Codespace - nennt Jan Schacher alias Jasch, eine Serie von Werken, die er als interaktive audiovisuelle Installationen im Raum oder als Bühnenperformance in Zusammenarbeit mit Musikern realisiert.
Die im MedienKunstLabor gezeigte Arbeit ist eine interaktive Installation, die sich aus computergenerierten Bildern und Klängen zusammensetzt.
Jasch ist keiner Musiker des Digitalen, sondern ein Komponist. So dominieren natürliche Töne, Geräusche und Klänge den Raum. Als Hintergrund des Hörbaren Raumes dient eine Sound-Feld-Aufnahme aus der Kathedrale Notre Dame in Paris. Diese wird mit gesampleten Klavierklängen überlagert, welche sich in einer bestimmten Skala über die vollen sieben Oktaven eines Flügels erstrecken. Die Töne bleiben allerdings in ihrer „originalen“ Höhe unverändert, werden jedoch zeitlich verändert oder verzerrt, so dass beim Rezipienten die Möglichkeit einer „kognitiven Immersion“ entsteht.
Der visuelle Teil der Installation ist keine Videoarbeit, sondern reine „e/motion-grafics“, betont Jasch. Natürliche Farben und Lichter beziehungsweise die Information über ihre Textur und Temperatur werden in der Visualisierung mit digitalen „Malprozessen“ genutzt. Dabei geht es dem Künstler darum, die Grundemotionen des malerischen Aktes darzustellen, um eine Art von „Affekt-Raum“ zu erzeugen.
Jasch verzichtet auf den seit den späten 90er-Jahren bekannten und populären „Pixel-Sturm“-Stil. In diesem Sinne ist er eher das Gegenteil eines „Pixeljunkie“. Ihn interessiert die extreme Vereinfachung. Vor einigen Jahren hatte Jasch für seine Grafiken noch den vollen „Farbkreis“ benützt, jetzt arbeitet er aber wesentlich reduzierter. Marcel Duchamp bemerkte 1912, dass unser gesamtes Jahrhundert dem Optischen verfallen sei. Jasch denkt in dieser Richtung weiter. Zugunsten des Hörbaren wird die visuelle Aussage in seinem Werk immer mehr reduziert. Deshalb bewegen sich zum Beispiel seine projizierten Grafiken äußerst langsam. Das Auge und das Ohr sollen in ihrer jeweils ureigensten zugrunde liegenden Zeitdimension angeregt werden. Der Schwerpunkt der Wahrnehmung soll jedoch bewusst auf dem Hören liegen und auf den Klang konzentriert sein.
Jasch ist kein typischer Elektronik-Musiker, sondern eher ein Komponist. Er ist auch kein visueller Künstler, sondern denkt bei Bildern auch eher wie ein Komponist, ein Komponist von Klangfarben, Bildern und Klangräumen.
Für das MedienKunstLabor erweiterte Jasch die Rauminstallation zu einem interaktiven und sozialen Kunstwerk. Die interaktive Dimension von Codespace wurde in Zusammenarbeit mit Studierenden vom Institut für Elektronische Musik und Akustik (Graz) mittels eines Multitouch-Table mit entsprechenden Erweiterungen weiterentwickelt und realisiert.
Das Interaktive interessiert den Künstler vor allem in seiner sozialen Komponente. Das Werk soll einen Kommunikationsraum schaffen, der nicht in die Richtung „Mensch-Maschine“ weist, sondern von Mensch zu Mensch. Hier wird ein Raum an Möglichkeiten eröffnet, wo die Menschen über das Kunstwerk, über die Kunst, miteinander in Verbindung treten können.
Die Erkenntnisse über Verhaltensmuster von Schwärmen in der Natur („Schwarm-Theorie“) dienen als Basis für die Berechnungsalgorithmen, die Jasch entwickelt und anwendet, um über die taktilen Interaktionen der Rezipienten via den Tisch auch ihr soziales Verhalten zu thematisieren.
Ein Tisch mit interaktiver grafischer Oberfläche liefert das Bild einer simulierten Schwarmumgebung, die aus „Lichtern“ und „Motten“ besteht. Findet und berührt man einen Attraktor, beeinflusst man das Verhalten des gesamten Schwarmes. Über Analyse-Algorithmen, welche den Schwarm beobachten, werden Raumklang und Grafik der Installation zeitlich und räumlich beeinflusst und in Echtzeit neu berechnet und dargestellt.
Wenn sich mehrere Personen am Tisch an einem derartigen Prozess beteiligen, entstehen neue mit-, oder sogar gegeneinander wirkende Situationen. Durch ihre Interaktivität eröffnet die Installation eine Reihe an Fragen wie: Sind wir Menschen kollektive Wesen? Verfügen wir auch über eine „kollektive Gruppenintelligenz“? Und wie reagieren wir auf die spezifischen Handlungen von Individuen?
In einem nun folgenden Entwicklungsschritt wird Birgit Gasteiger, Studentin am IEM, im Rahmen ihre Diplomarbeit die Interaktion um einen zusätzlichen Tisch erweitern. Was das für den Installationsbesucher bedeuten wird, welche neuen Verhaltensmomente sich daraus geben werden, soll ab kommendem Sommer im MedienKunstLabor erfahrbar sein.